Unter Physiognomie (griech. physis = Natur und gnome = Wissen) wird die äußere Erscheinungsform von Lebewesen verstanden, die sich speziell auf die charakteristischen Gesichtszüge des Menschen bezieht. Das Gesicht speichert den Charakter, die Lebenserfahrung und die persönliche Lebensgeschichte eines Menschen.
Die Physiognomie stellt damit einen Bereich des Gesichtslesens dar und kann noch einmal in die Psychophysiognomie und die Pathophysiognomie unterteilt werden. Weitere Bereiche sind die Antlitzdiagnostik, die Irisdiagnostik, Körpersprache/Mimik, das Siang Mien und die Lectura del Rostro.
Wir Menschen lernen schon von Geburt an, andere anhand ihrer Physiognomie zu unterscheiden. Das Lesen von Emotionen im Gesicht ist für Neugeborene überlebenswichtig.
In Europa herrschte bereits seit dem Altertum der Glaube vor, dass aus der Physiognomie die Beschaffenheit der Seele eines Menschen ablesbar ist. Die ältesten Schriften stammen von Aristoteles. Dabei wurde nicht nur die Gesichtsfarbe, die Hautkonstitution, die Gesichter von sterbenden Menschen („Facies hippocratia“) untersucht, sondern auch die gesamte physiognomische Erscheinung als auch die inneren Organe.
Oftmals fand auch ein Vergleich menschlicher Gesichter mit Tieren und einer entsprechender Zuordnung von Charaktereigenschaften statt. In der Astrologie soll der Aszendent in der Physiognomie wiederzufinden sein.
Nachdem die Kirche und die Inquisition sämtliche Lehren und Forschungen dazu als Magie und heidnischen Aberglauben ablehnten, nahm der Schweizer Arzt Philippus Theophrastus Aureolus Bombastus von Hohenheim (Paracelsus, 1493-1541) das Thema der Natur und des Menschen wieder auf. Er vertrat die Ansicht, dass alles, was sich im Körper abspielt auch nach außen sichtbar wird (wie innen, so außen).
Ihm folgten weitere, zahlreiche Ärzte und Gelehrte, darunter Peter Camper (1722-1789), Wilhelm Heinrich Schüßler (1821-1898), Charles Darwin und heute Paul Ekman (Mimik – Facial Action Coding System) und Eric Standoop (Kombination aus zahlreichen Methoden des Gesichtslesen).